
Mit der Gestalt als Wahrnehmungsstruktur lässt sich der Gebrauch einer Architektur motivieren. Wenn die Funktion (der praktische Zweck) mit der (gestaltbezogenen) Motivation zum Gebrauch übereinstimmt, ist die Dienstleistung der Architektur für den Menschen komplett.Justus Dahinden
Versteckt im Herzen des 9. Wiener Gemeindebezirks, einen Steinwurf von der Alserbachstraße entfernt, erfährt das altehrwürdige Gründerzeithaus in der Rotenlöwengasse 16 eine atemberaubende Metamorphose. Durch eine zeitgemäße Dachgeschoßaufstockung erhält der historische Bau ein neues Kapitel seiner Geschichte – eine Erweiterung, die Respekt vor dem Alten mit dem Mut zum Neuen vereint.
Der poetische Name der Rotenlöwengasse entspringt einem längst vergangenen Hausschild, das den „Roten Löwen" zierte und bereits 1785 in den Annalen der Stadt verzeichnet wurde. Seit 1862 offiziell benannt, schmiegt sich diese Straße in einen Bezirk, dessen architektonisches Erbe Jahrhunderte umspannt.
In dieser Verschmelzung von Tradition und Innovation entfaltet sich ein Dialog der Epochen. Während die sorgfältig restaurierte Straßenfassade die zeitlose Eleganz der Gründerzeit bewahrt, erhebt sich darüber eine kühne, moderne Interpretation urbanen Wohnens. Klare Linien tanzen mit großzügigen Glasflächen, eine reduzierte Materialsprache schafft Ruhe und Klarheit. Besonders faszinierend wirkt die rhythmische Staffelung der Baukörper im Dachbereich – ein architektonisches Spiel, das nicht nur ästhetisch überzeugt, sondern großzügige Terrassenflächen hervorbringt, die wie Bühnen über der Stadt schweben.
Das Licht wird zum Hauptakteur dieses Entwurfs. Durch weitläufige Fensterfronten flutet es in die Innenräume, während die ausladenden Terrassen zum Freiluft-Wohnzimmer werden. In dieser feinfühligen Balance zwischen Erbe und Zukunft entsteht ein Refugium über den Dächern Wiens – ein Ort, an dem städtisches Leben sich mit Weitblick und Leichtigkeit entfaltet.